Post zur Wahl des Bundespräsidenten fast nicht angekommen
Auf das kommende Wochenende freue ich mich besonders. Zum ersten Mal darf ich Mitglied der Bundesversammlung sein und den Bundespräsidenten wählen. Fast hätten mich die Unterlagen der Bundestagspräsidentin aber nicht erreicht. Nur einer aufmerksamen und hilfsbereiten Nachbarin ist es zu verdanken, dass die Unterlagen doch noch angekommen sind.
Foto: Thomas Wunsch
Vor wenigen Tagen rief die Nachbarin aus Remscheid bei uns im Büro an. Sie sagte uns, dass bei ihr versehentlich Post für mich eingeworfen wurde. Mein Team holte die Post ab. Wir waren sehr erstaunt als wir den Umschlag öffneten. Darin: Wichtige Dokumente für die Bundesversammlung in Berlin wie beispielsweise der Ausweis für den Zutritt. Ich habe direkt angerufen und mich herzlich bedankt. Dabei habe ich auch verraten, was in dem falsch eingeworfenen Umschlag enthalten war: die Unterlagen zur Wahl des Bundespräsidenten.
Auch wenn seit Beginn meiner Abgeordnetentätigkeit im Jahr 2010 schon einige Bundesversammlungen einberufen wurden, war ich noch nie dabei. Der Landtag hat mich dieses Mal mit vielen anderen Kolleginnen und Kollegen aus dem Parlament sowie mit Sportlern, Künstlern und Schauspielern als Mitglied der 17. Bundesversammlung gewählt. Wegen der aktuellen Pandemie wird aber die Versammlung sicherlich nicht ganz gewöhnlich verlaufen. Vorab müssen sich alle Mitglieder testen lassen und auch der Saal des Bundestags wird nicht selbst genutzt. Alle 1472 Mitglieder werden im angrenzenden Paul-Löbe-Haus auf die dortigen Etagen verteilt.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist ein hoch geschätzter Präsident, der wie kein anderer für unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat eintritt und hierbei einen klaren Kompass hat. Er mahnt stets mit besonnenen Worten vor der Spaltung der Gesellschaft und den radikalen Kräften an den Rändern. Daher ist es gut, dass sich nun eine breite Mehrheit vieler Demokratinnen und Demokraten für eine zweite Amtszeit ausgesprochen hat. Gerne werde auch ich Bundespräsident Steinmeier meine Stimme geben.
Nach Artikel 54 des Grundgesetztes treten die Mitglieder des Bundestages und die gleiche Anzahl gewählter Delegierte der Landtage gemeinsam in der Bundesversammlung zusammen und werden am kommenden Sonntag einen neuen Bundespräsidenten wählen. Im Anschluss leistet der oder die Gewählte den Eid vor der Bundesversammlung: „Ich schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.“
Was macht eigentlich der Bundespräsident?
Der Bundespräsident ist nach unserem Grundgesetz das Staatsoberhaupt. Er vertritt die Bundesrepublik Deutschland nach außen. In unserem Staatsgefüge kommen ihm repräsentative Aufgaben zu. Außerdem die Ernennung und Entlassung des Bundeskanzlers und der Mitglieder der Bundesregierung. Bei der Wahl des Bundeskanzlers kommt ihm nach Art. 63 des Grundgesetzes eine besondere Rolle zu. Er kann auch einen Kanzler ernennen, der keine Mehrheit hat, oder den Bundestag auflösen. Daneben fertigt er nach Art. 82 GG die Gesetze des Bundes aus, damit sie verkündet werden können. Hieraus ergibt sich die Pflicht zur formalen Prüfung der Gesetze. In der Literatur und Rechtsprechung schließen Verfassungsrechtler daraus auch, dass dem Bundespräsidenten auch ein materielles Prüfungsrecht obliegt. Bisher kamen solche Fälle, dass sich der Präsident wegen Bedenken weigerte, ein Gesetz auszufertigen nur selten und bislang in acht Fällen vor.
Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hat hierzu eine lesenswerte Zusammenfassung erstellt: https://www.bundestag.de/resource/blob/817824/b8c8bb9b87e00a9c71aa9691cc3077a2/WD-3-257-20-pdf-data.pdf. Weitere Informationen zur Wahl des Bundespräsidenten gibt es auch auf der Homepage des Deutschen Bundestags: https://www.bundestag.de/bundesversammlung.