50 Jahre Lebenshilfe Remscheid: Besuch in einer der Werkstätten
Neben dem runden Jubiläum der Lebenshilfe Remscheid in diesem Jahr war ein Glückwünschsschreiben an Hannelore Kraft zur erfolgreichen Landtagswahl im Mai Auslöser für diesen Besuch. Eltern einer Bewohnerin lobten die Einrichtung und baten, die gute Arbeit dort einmal zu beachten. Diesem Wunsch kamen Sven Wolf als Landtagsabgeordneter und Sven Wiertz als Vorsitzender der Remscheider SPD in der vergangenen Woche gerne nach.
Die französiche Jurastudentin Félicie Brisson, die derzeit im Landtagsbüro ein Praktiktum absolviert, hat in einem persönlichen Bericht ihre Eindrücke zusammengefasst:
Die Werkstatt der Lebenshilfe Remscheid verfolgt das Ziel, Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Darüber hinaus ist ein Schwerpunkt, eigene dauerhafte Arbeitsplätze in den Werkstätten zu schaffen. Früher gab es mehr Arbeitsplätze für Behinderte, die heutzutage nicht mehr existieren. Die Lebenshilfe Remscheid versucht, diese Lücke zu schließen. Die Preise der Produkte und Dienstleistungen sind teilweise niedriger als üblich: Ein gutes Beispiel ist eine Firma, die der Werkstatt einen Auftrag gab und erklärte, sie würde sonst nach China gehen, um diesen Auftrag dort erfüllt zu bekommen. Die Mitarbeiter werden pro Auftrag bezahlt, ganz egal wie lange sie dafür brauchen.Man kommt zunächst in einen großen Flur, der wie der Flur eines Hotels aussieht. Der Unterschied? Geht man rechts durch eine Tür, wird intensiv gearbeitet: Werkzeuge werden überzogen und verpackt, Einzelteile werden aussortiert und einsortiert, so zum Beispiel für die Autoindustrie. Es werden Druckknöpfe und Handklapphalter für Funktionswerkzeuge zusammengebaut. Läuft man durch diesen Raum durch, kommt man zum Warenausgang. Wenn große Aufträge ankommen, wird es mit den ganzen Paletten eng, aber in der Regel kommen zum Glück nicht alle Aufträge auf einmal. Geht man durch die nächste Tür, kommt man direkt in den Bildungsbereich.
Jeder, der in der Werkstatt anfängt muss dort das erste Jahr von zwei Jahren verbringen. An dem Tag unseres Besuchs hatten 14 neue Beschäftigte angefangen, die zwischen 18 und 22 Jahre alt sind. Die Grundkenntnisse werden vermittelt, wie zum Beispiel pünktlich zur Arbeit kommen. Es wird herausgefunden, wofür sie geeignet sind und in welcher Gruppe sie gerne arbeiten möchten. Die Arbeit wird so aufgeteilt, dass alle Menschen die dasselbe können, in dem gleichen Bereich arbeiten. Wenn sie es schaffen, machen die Neulinge Praktika in allen Arbeitsbereichen (4 bis 12 Wochen). Wenn 1 bis 2 Mitarbeiter pro Jahr in den ersten Arbeitsmarkt vermitteln werden, ist das schon eine gute Quote. Läuft man durch die nächste Tür, kommt man in die Wäscherei und Näherei. Hier wird hauptsächlich für Restaurants und Hotels gearbeitet. Sie haben im Gegensatz zu allen anderen Arbeitsbereichen, die vorhanden sind, unmittelbaren Kundenkontakt – und das ist für Menschen mit Behinderung sehr gut.
Wir werden dann in den Sportraum geführt, in dem viele verschiedene Sportarten im Rahmen des Rehabilitationssports angeboten werden. Die Kosten hierfür tragen die Krankenkassen. Wettkämpfe und Kegeln sind sehr beliebt. Die Regeln der Sportarten müssen meistens abgewandelt werden. Rückenschule gibt es auch, weil die Menschen den ganzen Tag sitzen und Rückenprobleme bekommen. Um zu schwimmen, wird das Hallenbad H2O besucht. Inzwischen ist es normal für sie, sich in der Öffentlichkeit zu bewegen. Früher wurden sie darum gebeten, sehr früh oder sehr spät ins Schwimmbad zu kommen, aber mittlerweile haben sich die Leute dran gewöhnt und es ist kein Problem mehr. Im Tischtennis sind ein paar auch richtig erfolgreich und vertreten die Werkstatt bei Tischtenniswettbewerben. Der Sport ist Bestandteil der Arbeitszeit, weil Sport sehr wichtig ist für die Persönlichkeitsförderung von Menschen mit Behinderung, die auch ein Ziel der Werkstatt ist. Ein Stockwerk höher findet man die Kantine. Das Essen wird auch von den Mitarbeitern im Wechsel vorbereitet. Ein paar beteiligen sich am Frühstück und andere am Mittagessen. Wenn man die Treppe weiter hoch läuft, befindet man sich in dem zweiten Arbeitsbereich, der den Schwerbehinderten gewidmet ist. Hier wird versucht, den Tagesablauf mit Arbeit und Sport, aber auch mit Kreativität zu füllen. Ein Entspannungsraum (Snoezelraum) ist vorhanden, damit sie sich beruhigen können (mit Wasserbett, Musik…) Zum Essen haben diese einen Extra-Raum als Kantine – nicht um sie von den anderen zu trennen, sondern weil sie länger brauchen und es sonst zu hektisch für sie wäre. Ein Medizinischer Dienst ist auch angesiedelt.