Spannende Sessions und Drama zum Schluss Politcamp 12 in Berlin
Ein theatralischer Abgang vom Podium und eine Bundesjustizministerin, die scheinbar nicht so ganz hinter dem geplanten Leistungsschutzrecht steht. Das sind nur einige der Eindrücke, die ich von meinem ersten Besuch des Politcamp aus Berlin mitnehme.
Nach dem leider krankheitsbedingten Ausfall meines Mitarbeiters Frederic Ranft springt kurzfristig Katharina Keil, Jurastudentin der Jusos aus Remscheid, ein und begleitet mich zum Politcamp12 in Berlin. Wir sind beide gespannt, was uns in den verschiedenen Sessions rund ums Thema Netzpolitik erwartet.
Kampf der Verlage
Meine erste Session verspricht zwar aufgrund der Teilnehmer nicht viele neue Positionen, gab aber dennoch einen guten Überblick über die aktuelle Debatte zum Leistungsschutzrecht (LSR). Dietrich von Klaeden, Leiter für Regierungsbeziehungen der Axel Springer AG, kämpft aus Sicht der Verlage einen harten Kampf für eine schnellere Durchsetzung der Verlagsrechte. Ein Kampf der erst nötig wurde, nachdem immer mehr frei Mitarbeiter den Nachweis der Rechteketten für Verlage immer schwieriger machen. In der Regel übertragen freie Mitarbeiter nämlich nicht die Verwertungsrechte an die Verlage. In der Debatte versucht von Klaeden wiederholt die SPD-Position mit Aussagen wie – wir sind uns da fast einig – einzubauen. Bis Hansjörg Schmidt, MdHB und netzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft, eingreift und klar macht, die SPD lehnt das LSR weiter ab. Beispielhaft verweise ich auf die Stellungnahme des rechtspolitischen Sprecher Burkhard Lischka MdB. Schmidt befürchtet, das LSR soll Versäumnisse der Verlage bei der Umsetzung eigener Rechte reparieren.Turbowahlkampf in NRW oder ißt die SPD wirklich so gerne Currywurst?
Grüne und SPD Wahlkampfer beschreiben und diskutieren die besonderen Herausforderungen eines 60-Tage-Wahlkampfs. Kaum Verwunderung gibt es zum einmütigen Start mit dem Ziel Rot-Grün in NRW fortzusetzen. Danach werden aber unterschiedliche Strategien deutlich. Die Grüne Sorge zwischen den Spitzenkandidaten zerrieben zu werden, wird mit einer provokativen und ironischen Kampagne begegnet. Das selbst und dennoch professionell produzierte Wahlvideo der Grünen erinnert an die EINSLIVE Comedyreihe mit Jimmy Breuer und baut auf Aufmerksamkeit durch Lostjokes. Die SPD setzt sowohl auf Lebenswelten und Wiedererkennung als auch auf Fehlervermeidung. Besonderes Highlight im Onlinewahlkampf ist die Wahl eines zusätzlichen Themenplakates auf Facebook. Der Erfinder des Gewinner-Plakats beschreibt den Currywurst-Entwurf als Antibesserwisserplakat, das es auf viele Piraten, Grüne und Satireseiten geschafft hat. Darüberhinaus schmeckt Currywurst scheinbar auch in Berlin und anderswo und verschafft dem Plakat zu einer bundesweiten Aufmerksamkeit. Spätestens als Remixe wie „Fikandel special ist SPD“ u.ä. auftauchen sind auch die letzten innerparteilichen Widerstände überwunden. Blieb am Ende die Frage, ob die QR-Codes künftig mehr Resonanz erzeugen können und ein erfolgreiches Bindeglied zwischen Off- und Online Kampagne werden können.
Vizekanzler zur Kontrolle?
Ach und dann war da noch die Session mit Bundesjustizministerin Leutheuser-Schnarrenberger die von Urheberrecht über Vorratsdatenspeicherung und LSR auch viele im Netz umstrittene Themen ansprach. Sie machte dabei kein Geheimnis aus ihrer liberalen Grundeinstellung im Spannungsfeld zum Koalitionsvertrag. Themen wie das Leistungsschutzrecht müssen nach Einschätzung der Ministerin, aber noch ausgiebig im Bundestag diskutiert werden. Wohlfeile Worte, die sie auch schon vor dem Kurzauftritt ihres Chefs, FDP-Chef Philip Rösler, zu setzen weiß. Eine politische Bewertung verkneife ich mir, aber von einer Ministerin, die für Bürgerrechte kämpfen will, erwarte ich mehr.
Dramatischer Abgang
Kurz vor der Schlussrunde liefern die Kollegen der Piraten mit dem theatralischen Abgang ihres Fraktionsvorsitzenden im Berliner Abgeordnetenhaus Christoph Lauer MdA, noch eine bundesweite Schlagzeile.
So, hab grade das #PC12 Podium verlassen. Ich muss mir diesen Scheiß echt nicht geben.
— Christopher Lauer (@Schmidtlepp) September 23, 2012
Wir bleiben bis zur Schlussrunde, die voll des Lobes und der konstruktiven Kritik (Live-Streaming ist nicht so teuer, bessere Werbung im Vorfeld) das Politcamp beschliesst. Mir bleiben zahlreiche neue und aufgefrischte Kontakte, gute und überparteiliche Gespräche und die feste Absicht, beim PC13 bin ich wieder dabei.