Minister Kutschaty stellt die Eckpunkte zum neuen Unternehmensstrafrecht vor
„Ein rechtspolitisch guter Vorschlag des NRW Justizministers, der zu Recht eine große Aufmerksamkeit verdient. Ich kenne viele redliche Unternehmen in Remscheid, die aber im harten Konkurrenzkampf mit denen stehen, die auch unlautere Mittel einsetzen, um an Kunden oder Aufträge zu kommen“ kommentiert der Remscheider Landtagsabgeordnete Sven Wolf die Initiative aus NRW.
Ein so großes Interesse an der Vorstellung eines Gesetzentwurfs hat es noch nie gegeben: Repräsentanten aus Politik, Wirtschaft und Justiz waren zahlreich der Einladung der nordrhein-westfälischen Landesvertretung gefolgt, um dort die Eckpunkte zum neuen Unternehmensstrafrecht zu hören.
Justizminister Kutschaty hierzu: „In keinem anderen Bereich der Kriminalität geht die Schere zwischen Gewinn und Risiko so weit auseinander! Den Gewinn heimst sich immer das Unternehmen ein, das Risiko trägt nur der kleine Angestellte.“
Nach einer Studie von Pricewaterhouse Coopers zum Thema „Korruption“ aus dem Jahr 2012 sind bundesweit 52 Prozent der befragten Unternehmen innerhalb eines Jahres Opfer von Wirtschaftskriminalität geworden. Der Durchschnittsschaden betrug pro Fall über acht Millionen Euro. PwC zieht daraus den Schluss, dass es immer noch Unternehmen gebe, bei denen Korruption zum Geschäftsmodell gehöre. Diesen Zustand hält Justizminister Kutschaty für nicht länger tragbar: „Wer schützt eigentlich die Unternehmen, die ihren Müll nicht illegal im Rhein entsorgen und die nicht bestechen, um an Aufträge zu kommen? Hier ist der Staat gefordert. Dies gilt erst recht im Zeitalter des Internets. Wer tatsächlich die Straftat in dem Unternehmen begangen hat, ist häufig schwer nachzuweisen, vor allen Dingen, wenn das Unternehmen weltweit operiert.“
Deutschland nimmt mit der derzeitigen Rechtslage, nach der nur natürliche Personen angeklagt werden können, einen Inselstatus ein. Alle unmittelbaren Nachbarländer verfügen über ein Unternehmensstrafrecht oder Quasi-Unternehmensstrafrecht. In Deutschland können Unternehmen bislang nur nach dem Ordnungswidrigkeitsgesetz belangt werden, das vor ansonsten vorwiegend der Ahndung von Verkehrsverstößen angewandt wird.
Kutschaty dazu: „Wenn durch Wirtschaftskriminalität Arbeitsplätze verloren gehen und Existenzen vernichtet werden, bekommt das Unternehmen einen Bußgeldbescheid. Aber gegen eine Mitarbeiterin eines Supermarkts, die einen Pfandbon findet und einlöst, muss sofort die Staatsanwaltschaft wegen Diebstahls ermitteln. Das passt einfach nicht zusammen!“
Kutschaty stellte nunmehr die Eckpunkte des von ihm geplanten Unternehmensstrafrechts vor. Danach können Unternehmen und ihre Rechtsnachfolger selbst angeklagt werden. Die Staatsanwaltschaften sollen zu Ermittlungen verpflichtet sein. Mögliche Strafen sind neben der klassischen Geldstrafe auch der Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen oder Subventionen oder die öffentliche Bekanntmachung der Verurteilung. Als ultima ratio kommt auch die Auflösung des Unternehmens in Betracht. Für diese Strafverfahren sollen im Wesentlichen dieselben Regeln gelten, wie für das Verfahren gegen natürliche Personen. Wenn Unternehmen mit der Justiz zusammenarbeiten würden, kann von Strafe abgesehen oder diese zumindest gemildert werden. Vertreten werden soll das Unternehmen vor Gericht durch den jeweiligen gesetzlichen Vertreter. Dies gelte schon seit jeher im Zivilverfahren und habe sich dort bewährt. Wenn kein gesetzlicher Vertreter mehr da sei, werde dem Unternehmen ein Pflichtverteidiger bestellt.
Nach Minister Kutschaty sprach der Dekan der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum, Prof. Dr. Gereon Wolters. Dieser kommentierte den Gesetzentwurf: „Als Wissenschaftler bin ich es gewohnt, kritisch zu sein. Hier ist meine größte Kritik, dass das Gesetz erst jetzt kommt!“
Die Eckpunkte sollen auf der kommenden Justizministerkonferenz am 12. Juni vorgestellt werden. Nach der Sommerpause wird Justizminister Kutschaty das vollständige Gesetz, das den Namen „Verbandstrafgesetzbuch“ tragen soll vorstellen.
Quelle: Pressestelle des Justizministeriums NRW