„Und wie groß ist der Handlungsspielraum?“
Politikstudierende der Universität Münster sprachen mit Sven Wolf und Kerstin Heidler (Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik, SGK) über aktuelle Herausforderungen für die Kommunalpolitik.
Einen selbst erarbeiteten Interviewleitfaden mit Fragen zu unterschiedlichen lokalpolitischen Themen hatten die Studierenden der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster zu ihrem Besuch im Landtag am Montag, 12. Januar mitgebracht. Das Expertengespräch in Düsseldorf war Teil des BA-Seminars „Kommune 2.0“, das von der Wissenschaftlichen Mitarbeiterin Andrea Walter dieses Semester am Institut für Politikwissenschaft der WWU Münster angeboten wurde. „Ein spannendes Gespräch“, berichteten Sven Wolf und Kerstin Heidler. „Wir sind sehr interessiert am Austausch mit Studierenden und den weiteren wissenschaftlichen Untersuchungen in diesem Forschungsbereich.“
Insbesondere die persönlichen Erfahrungen und praktischen Beispiele aus der alltäglichen Arbeit des Landes- und Kommunalpolitikers und der juristischen Beraterin der SGK standen im Mittelpunkt des fast zweistündigen Gesprächs.
Dass das Thema Kommunalfinanzen immer wieder bei den unterschiedlichsten Themen zur Sprache kam, war nicht überraschend. Sowohl Sven Wolf als auch Kerstin Heidler nannten dies als die wesentliche der aktuellen und künftigen Herausforderungen.
„Es war etwa Mitte der 90er Jahre, als meine Stadt erstmalig keinen ausgeglichenen Haushalt erzielen konnte. Ältere Generationen von Kommunalpolitikern kennen noch Zeiten, wo der Stadtrat einmal eine Million übrig hatte und diskutieren konnte: hier machen wir einen neuen Sportplatz und dort noch einen neuen Spielplatz. Das muss traumhaft gewesen sein“, meinte Sven Wolf augenzwinkernd. Es gäbe aber durchaus motivierende Entscheidungsmöglichkeiten in den Stadträten, zum Beispiel über Schulstandorte und -ausstattungen oder Bauplanung in den Stadtvierteln. Die komplexen Gründe für die größeren Belastungen der Städte – vom Strukturwandel und der Abwanderung großer Arbeitgeber über Einbrüche bei der Gewerbesteuer durch Verlagerung von Firmenzentralen bis zur Belastung durch steigende Sozialkosten waren Kernthema der Diskussion mit den Studenten.
Aber auch das Thema Bürgerbeteiligung und politisches Engagement nahm einen breiten Raum ein. Vom klassischen Hausbesuch bis zum Internetforum mit Kommentarfunktion zu allen Maßnahmen eines Haushaltssanierungsplans reichten die geschilderten Beispiele.
„Leider werden die Möglichkeiten – auch der Teilnahme an öffentlichen Sitzungen der Gremien in den Städten und Gemeinden – viel zu wenig genutzt. Auch Bürgerentscheide erreichen nur dort eine breite Beteiligung, wo die gesamte Gemeinde betroffen und interessiert ist“, so Kerstin Heidler. Leider seien es oft die ohnehin politisch Engagierten und damit nur bestimmte Bevölkerungsschichten, die an einer Initiative teilnähmen.
Warum die Politikverdrossenheit bei der Landes- und Bundespolitik größer sei als bei der Kommunalpolitik, wollten die Studierenden wissen. „Die meisten Rückmeldungen erhalten Kommunalpolitiker tatsächlich im Alltag, etwa im Supermarkt und auf Veranstaltungen von Vereinen und Initiativen“, meinte Sven Wolf. Dort interessiere es die Bürger vor allem, ob sich jemand um ihr spezielles Anliegen kümmere und schätzten es als sehr positiv ein, wenn das dann tatsächlich passiere.
Institut für Politikwissenschaft der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK) Nordrhein-Westfalen