Eine wegweisende Entscheidung des obersten Gerichts der USA
Manchmal braucht es einige Tage um die große Tragweite eines Urteils zu erkennen. Wer hätte gedacht, dass die USA früher als Deutschland die gleichgeschlechtliche Ehe erlaubt. Gleichgeschlechtliche Ehe in Texas, aber nicht in Bayern.
Der Termin der Verkündung hätte nicht besser gewählt werden können. Da teile ich die Meinung vieler Kommentatoren. 46 Jahre ist es her, dass die Schwulenszene begann, sich zu wehren. Der Anfang bahnte sich 1969 in einer lauen Sommernacht in New York an. Wenige Tage zuvor starb die Schwulenikone Judy Garland. Viele schwule Männer versammelten sich auf der Beerdigung und erkannten, dass sie viele waren. Genauso viele wie in der wachsenden Bürgerrechtsbewegung. Die LGBT Bewegung trat in die Öffentlichkeit und hakte sich beim Kampf der Bürgerrechtler unter. Vereint wurde gegen Vietnam und für die Rechte der Schwarzen in Amerika gekämpft.
Diesen Geist spiegelt das Urteil wieder. Es spannt einen großen Bogen vom 14. Verfassungszusatz, der Diskriminierung verbietet, über Entscheidungen zu gemischten Ehen zwischen Schwarzen und Weißen bis hin zum Urteil, das im Jahr 2003 die letzten Sex-Verbote für Schwulen und Lesben in den USA aufhob.
Bemerkenswert, mit welchem Pathos die obersten Richter das konstitutionelle Recht zur Homo-Ehe begründen. Sie beziehen sich auf die Grundideen der Amerikanischen Verfassung, der Freiheit und Würde des Einzelnen. Der konservative Richter Anthony Kennedy formuliert die Mehrheitsmeinung und beschreibt die tiefgreifende Verbindung, die von Liebe und Hingabe geprägt sei. Eine Würde, die von den Klägern erbeten sei und die ihnen die Verfassung gäbe. Sätze, die in die amerikanische Rechtsgeschichte eingehen werden: „No union is more profound than marriage, for it embodies the highest ideals of love, fidelity, devotion, sacrifice, and family. In forming a marital union, two people become something greater than once they were. […] They ask for equal dignity in the eyes of the law. The Constitution grants them that right.“
In den USA ist die öffentliche Meinung gekippt. Zugunsten der gleichen Rechte für Schwule und Lesben. Ebenso wie im katholischen und konservativen Irland. Viele Länder in Europa haben sich auf den Weg gemacht und sind bei der Ehe für alle angekommen.
Es ist daher Zeit auch für Deutschland, uns auf den klaren Weg zu machen. Die Bundesregierung und die Kollegen im Bundestags müssen jetzt Mut zeigen, etwas zu wollen. Das war schon das Credo von Olaf Palme, der einst sagte, „Politik heißt: etwas wollen. Sozialdemokratische Politik heißt: Veränderungen wollen, weil Veränderungen Verbesserungen verheißen.“
In der letzten Woche haben wir in einer starken Debatte im Landtag einen Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN diskutiert. Wir fordern „Ehe für Alle – Volle Gleichstellung jetzt!“ und appellierten an die Landesregierung, sich weiterhin mit Nachdruck auf allen gesellschaftlichen Ebenen und insbesondere gegenüber der Bundesregierung und über den Bundesrat für die vollständige rechtliche Gleichstellung von Lesben und Schwulen einzusetzen.
Passend dazu habe ich vor einigen Tagen Justizminister Thomas Kutschaty gebeten, mich über die Aktivitäten der Landesregierung bei der Aufarbeitung der Verfolgung Homosexueller nach §175 zu informieren. Hierzu haben wir bereits im letzten Jahr einen breit getragenen Appell an die Landesregierung gerichtet. Thomas Kutschaty berichtete mir, dass dies nun auch Thema auf der Konferenz der Justizminister und Justizsenatoren war.
Beitragsbild: US Supreme Court, Joe Ravi, CC-BY-SA 3.0