Gesetz zur Demokratisierung des Kontrollgremiums
Sven Wolf (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bitte sehen Sie es mir nach, dass ich hier jetzt nicht unbedingt in eine Kommunismusdebatte einsteigen möchte. Ich möchte hier auch nicht eine Diskussion wiederholen, die wir schon aus den Geschichtsbüchern des Kalten Krieges kennen. Ich möchte in dieser aufgeheizten Debatte das eine oder andere fachliche Argument […]
Sven Wolf (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bitte sehen Sie es mir nach, dass ich hier jetzt nicht unbedingt in eine Kommunismusdebatte einsteigen möchte. Ich möchte hier auch nicht eine Diskussion wiederholen, die wir schon aus den Geschichtsbüchern des Kalten Krieges kennen.
Ich möchte in dieser aufgeheizten Debatte das eine oder andere fachliche Argument vortragen. (Zurufe von der CDU)
Zunächst einmal zum Gesetzentwurf der Fraktion Die Linke. Dieser Gesetzentwurf verkennt – Minister Jäger hat das ausgeführt – die besondere Stellung des Parlamentarischen Kontrollgremiums. Es handelt sich eben nicht um einen Ausschuss, sondern um ein ganz spezielles Gremium.
Die Protokolle sind nicht durch jeden von Ihnen einzusehen, die Vorlagen ebenfalls nicht. Die Arbeit der Kommission findet hinter verschlossenen Türen statt, und Berichte über die Arbeit der Kontrollkommission erfolgen nicht gegenüber den Fraktionen oder dem Plenum. Eine ständige Überprüfung unserer Arbeit durch die anderen Kollegen ist also nicht möglich.
Daraus folgt, dass wir, die Mitglieder dieser Kommission, alle gemeinsam auf eines uneingeschränkt angewiesen sind, nämlich auf das volle Vertrauen des ganzen Hauses. An diesem Vertrauen in die Mitglieder der Kommission darf es zu keiner Zeit einen Zweifel geben.
Missverstehen Sie mich bitte nicht: Es geht dabei nicht um eine Bewertung der politischen Ansichten der Kolleginnen und Kollegen, die diesem Gremium angehören. Daraus folgt auch die klare Vorgabe des Verfassungsschutzgesetzes, dass die Mitglieder im Plenum mit einer Zweidrittelmehrheit gewählt werden. Es handelt sich eben nicht um eine bloße Besetzung von Ausschüssen.
Aus den bereits genannten Gründen der Vertraulichkeit ergibt sich aus meiner Sicht auch, dass es untunlich ist, die Größe dieses Gremiums je nach Belieben zu ändern. Das Gremium braucht auch nicht die Mehrheitsverhältnisse im Plenum abzubilden. Das ist deswegen nicht erforderlich, weil seine wesentliche Aufgabe die Kontrolle und die Entgegennahme von Berichten ist. Soweit es sich um wesentliche Beschlüsse wie die Beauftragung eines Sachverständigen nach § 25 des Verfassungsschutzgesetzes handelt, braucht man im Gremium sogar eine Zweidrittelmehrheit.
Im Übrigen entspricht das auch den Mehrheitsverhältnissen in anderen Bundesländern. Es gibt zwei Länder, nämlich Hessen und Hamburg, in denen die Fraktion Die Linke nicht in den Kontrollgremien vertreten ist. Das sind aber auch die Bundesländer, in denen Die Linke die schlechtesten Wahlergebnisse hat. Sie liegen dort zwischen 5 und 6 %. Das ist so ähnlich wie in Nordrhein-Westfalen. Und es gibt – das muss ich zugeben – auch ein Parlamentarisches Kontrollgremium, dem keine Sozialdemokraten angehören: In Sachsen reichen unsere Ergebnisse dafür nicht aus.
Der Vorschlag der Fraktion Die Linke zielt darauf ab, dieses bewährte Verfahren stark zu vereinfachen. Es soll die Teilnahme am Kontrollgremium nunmehr vollständig in die Verantwortung der einzelnen Fraktionen gelegt werden; es soll ein System der Entsendung etabliert werden.
Das geht meines Erachtens in die falsche Richtung und wird der besonderen Vertrauensstellung dieser Kommission nicht gerecht. (Beifall von der SPD)
Ein solches Gremium ist eben nicht dazu geeignet, dass einzelne Fraktionen ihre Mitglieder je nach Bedarf entsenden oder auch wieder abberufen.
Erlauben Sie mir nun noch einige Anmerkungen zum Antrag der Fraktion Die Linke zur Feststellung der eigenen Verfassungsmäßigkeit.
Eine solche Feststellung kann nicht durch einen Beschluss des Landtags herbeigeführt werden. Das ist mehrfach, auch von Frau Kollegin Düker, ausgeführt worden. Dazu und auch zu der Frage, ob die Beobachtung einer Partei, einer Fraktion oder sogar eines einzelnen Abgeordneten rechtmäßig ist, bedarf es weit mehr als einer politischen Meinungsäußerung eines Plenums. Eine solche Frage ist mithin nicht leicht zu entscheiden.
Beide, Parteien und die freie Meinungsäußerung, haben Verfassungsrang. Dies gilt natürlich auch für die Grundprinzipien unserer Verfassung selbst. Konkretisiert man die Frage auf den Sonderfall der Beobachtung eines einzelnen Abgeordneten, kommen auch noch die besonderen Rechte des freien Abgeordneten hinzu.
Eine Entscheidung zu finden, ist äußerst komplex und gelingt bei hohen Verfassungsgütern immer nur im Wege der praktischen Konkordanz, mithin eine fachlich-juristische Entscheidung, die sich nicht für eine politische Debatte eignet. Hier geht es eben nicht darum, politische Ideen gegeneinander abzuwägen. Im Ergebnis – das ist bereits mehrfach vorgetragen worden – ist sogar die Überwachung eines einzelnen Abgeordneten in Einzelfällen zulässig.
Dies alles ist auch ein Ergebnis der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Herr Dr. Orth hat darauf und auf das Problem der Gewaltenteilung hingewiesen.
Im Ergebnis ist daher Ihr Antrag abzulehnen. – Ich danke Ihnen. (Beifall von der SPD)