Verbraucherrechte stärken! NRW muss sich für die Einführung der Musterfeststellungsklage einsetzen!
Damit nicht jeder Einzelne, der zu seinem Recht kommen möchte, das volle Prozessrisiko tragen muss, ist es wichtig, eine sogenannte Musterfeststellungsklage einreichen zu können. Wird der Klage stattgegeben, dann stellt das Gericht erst einmal fest, dass der Beklage (also etwa ein Unternehmen) zu einer Zahlung verpflichtet ist. Das macht es den Einzelnen einfacher, einen Schadenersatz gegen das betreffende Unternehmen durchzusetzen. Wir wollen die Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern stärken. Daher haben wir mit unserem Antrag im Plenum die Debatte zu einer Musterfeststellungsklage neu aufgegriffen. In unserem Antrag heißt es…
Wenn eine große Zahl gleichartig geschädigter Verbraucherinnen und Verbraucher aufgrund eines geringen Streitwertes nicht den Gang zum Gericht erwägt, liegt ein sogenanntes „rationales Desinteresse“ vor. Hierbei erscheint der erlittene Nachteil dem Geschädigten im Einzelfall zu gering, das Verfahren zu teuer oder zu aufwändig, um Schadensersatz- und Erstattungsansprüche geltend zu machen.
Der auf Seiten des handelnden Unternehmens auf diese Weise erzielte Gewinn begünstigt dieses gegenüber rechtstreu handelnden Konkurrenten. Aber auch in Fällen, in denen der erlittene Nachteil durchaus hoch sein kann (wie z.B. in der aktuellen Dieseldiskussion), sehen sich die Verbraucherinnen und Verbraucher einem vermeintlich übermächtigen Unternehmen gegenüber. Das Prozess- und damit verbundene Kostenrisiko hält sie zumeist davon ab, die gerichtliche Auseinandersetzung mit Großkonzernen aufzunehmen. Der „lange Weg durch die Instanzen“ wird deshalb häufig gescheut. Aus diesem Grund erfordert eine effektive Rechtsdurchsetzung wirksame Instrumente des zivilprozessualen Rechtsschutzes, die so ausgestaltet sind, dass sie von Verbraucherinnen und Verbrauchern auch tatsächlich in Anspruch genommen werden.
Ziel der Musterfeststellungsklage ist es, Klagerechte von Verbrauchern gegenüber Unternehmen zu stärken, indem eingetragene Verbraucherverbände für die Betroffenen klagen können. Möglichkeiten, gleichgerichtete Ansprüche durch Verfahren des kollektiven Rechtsschutzes gebündelt zu verfolgen, gibt es bereits in zahlreichen anderen EU Ländern. Hingegen existieren derartige Möglichkeiten der Rechtsdurchsetzung in Deutschland bisher nur in Sonderfällen, die jeweils auf enge Anwendungsbereiche beschränkt sind, so etwa das Kapitalanleger-Musterverfahren oder die Verbandsklage.
Die Europäische Kommission sprach sich bereits in ihrer Empfehlung 2013/396/EU vom 11.Juni 2013 für „Gemeinsame Grundsätze für kollektive Unterlassungs-und Schadensersatzverfahren bei Verletzung von durch Unionsrecht garantierten Rechten“ aus. Anwendungsbeispiel für eine Musterfeststellungsklage wären etwa der Dieselskandal und die Geltendmachung der Rechte der Autokäufer gegenüber den Herstellern.
Seit 2016 liegt ein Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vor. Dieser Entwurf wurde auf Bundesebene von der Union blockiert. Am 3. September 2017 sagte Angela Merkel hingegen „Ich bin im Grundsatz für Sammelklagen“.
Der Landtag stellt fest:
- Die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher gegenüber Unternehmen im standardisierten Massengeschäft müssen dahingehend gestärkt werden, dass Kostenrisiken und langwierige Prozesse Betroffene nicht länger von ihrer Rechtsdurchsetzung abhalten.
- Insbesondere bei niedrigen individuellen Streitwerten reicht es nicht aus, die Verbraucherinnen und Verbraucher in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle mit ihrer Rechtsdurchsetzung alleine zu lassen.
- Rechtstreue Unternehmen dürfen nicht schlechter gestellt werden als solche, die sich das „rationale Desinteresse“ der Verbraucherinnen und Verbraucher zunutze machen.
Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
umgehend den Entwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz aufzugreifen, daraus einen eigenen Gesetzentwurf zur Einführung der Musterfeststellungsklage zu erarbeiten und diesen bis April 2018 in den Bundesrat einzubringen.