Artgerecht, individuell, regional und einfach
Meine Bergische Heimatstadt Remscheid ist nicht nur schon seit Jahrzehnten ein stolzer und traditionsreicher Industriestandort. Sie ist auch ein Ort, an dem sich immer wieder junge Unternehmerinnen und Unternehmer mit spannenden Ideen hervortun. Am vergangenen Dienstag lud mich Melanie Scholz zum Gespräch in den neuen Sitz ihres Unternehmens „frischfüttern.de“ im Gewerbegebiet „Großhülsberg“ nach Remscheid Lüttringhausen ein. Mir ging es darum, ihr aussichtsreiches Unternehmen näher kennenzulernen und vor allem um die Frage, was die Politik aus ihrer Sicht tun kann, um Existenzgründerinnen und -gründer zu unterstützen.
Ein Gespräch mit Melanie Scholz, Existenzgründerin und Inhaberin des Remscheider Unternehmens „frischfüttern“
Die Geschäftsidee der studierten Biologin, Informatikerin und Geografin lässt sich auf folgende Formel bringen: „Frisches Futter für Hund und Katze, artgerecht, individuell, regional und einfach“. Damit scheint Melanie Scholz einen Nerv getroffen zu haben. „Es lässt sich in vielen Bereichen ein neues Verbrauchverhalten beobachten. Viele Menschen haben genug vom industriellen Einheitsbrei“, erzählte sie mir. Und das nicht ohne Grund: Viele Tiere hätten Probleme mit der Industrienahrung, was zu Verunsicherung führe.
In engem Kontakt mit den Tierhaltern erstellt sie dann einen individuell auf das Tier angepassten Ernährungsplan – stets aus frischen Zutaten, die sie von Kleinbauern aus dem Rheinisch-Bergischen Umland bezieht.
Doch bis hierhin war es ein langer Weg. „Wenn man nicht gerade reich geerbt hat oder anderweitig über das nötige Kleingeld verfügt, dann ist die Existenzgründung in Deutschland schon sehr schwierig“, berichtete mir Frau Scholz. Oft würde bei der Förderung von Unternehmen zu einseitig auf innovative Start-Ups geachtet. Innovation sei sicherlich wichtig und notwendig, doch dürfe man nicht vergessen, dass in vielen Arbeitsprozessen Maschinen die gute alte, menschliche Handarbeit einfach nicht ersetzen können. Das ist auch aus meiner Sicht ein wichtiger Punkt: Eine nachhaltige und innovative Entwicklung kann nur gelingen, wenn wir mehr Fachkräfte ausbilden. Dazu gilt es auch, die altbewährten Ausbildungsberufe in Industrie und Handwerk als attraktive Ausbildungsplätze wieder stärker bei den Jugendlichen in Erinnerung zu rufen.
Auf der anderen Seite werde gerade an den Schulen die Digitalisierung verschlafen, meinte Frau Scholz. „Ich würde Informatikkenntnisse gleichsetzten mit dem Beherrschen einer Sprache. Wir müssen aufpassen, dass nicht analog zur gebildeten Klasse im Mittelalter, die im Gegensatz zum Großteil der Bevölkerung Lesen und Schreiben konnte, in der heutigen Zeit eine digital-gebildete Klasse entsteht“, so Melanie Scholz. Kritisch sehe sie auch, dass in den Schullehrplänen das Thema Wirtschaft nur am Rande vorkomme und das Lebensmodell „Existenzgründer“ so praktisch nicht infrage komme.
Ich denke, digitales Know-How und Wirtschaftskenntnisse, aber auch das Wissen über unsere Pflichten und Rechte als Verbraucher und als Handelnde im Internet gehören heute in den Unterricht. Aber neben dem theoretischem Wissen sollte auch nicht zu kurz kommen, dass Schülerinnen und Schüler gerade im Rahmen von Praktika in Unternehmen auch viel von den Menschen im Unternehmensalltag lernen können und hier tatkräftige Vorbilder für ihre Berufswahl, aber auch für den Alltag kennenlernen können. Vorbilder wie Melanie Scholz.